Raneem Asasa kam 2021 aus Syrien nach Deutschland um an der h2 den Masterstudiengang Water Engineering zu studieren. Den Jobeinstieg hat sie 2023 erfolgreich gemeistert und arbeitet als Sachbearbeiterin für Wasserwirtschaftliche Grundlagen.

Wie war Ihr Weg vom ersten Studientag in Deutschland bis ins Berufsleben?

Ich habe mein Bachelorstudium Bauingenieurwesen in Damaskus abgeschlossen. Dann habe ich mich entschieden, nach Deutschland zu kommen, um mein Masterstudium zu machen. Ich habe im April 2021 angefangen, Water Engineering an der Hochschule Magdeburg-Stendal zu studieren. Das war sehr spannend. Aber ich hatte auch viel Angst, weil es ein neues Land und eine neue Sprache war. Ich habe zwar auf Englisch studiert, aber ich brauche die deutsche Sprache auch für den Alltag und die Arbeit. Deshalb habe ich gleichzeitig Deutsch neben dem Studium gelernt. Ich habe zwei Semester Vorlesungen besucht. Dann habe ich ein Semester frei genommen, um weiter Deutsch zu lernen. Danach habe ich mein Praktikum im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (MWU) Sachsen-Anhalt angefangen. Dort habe ich viele Kontakte kennen gelernt und ich bin dort für circa sieben Monate geblieben. Während meines Praktikums habe ich Mitarbeiter des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) kennen gelernt. Einer davon wurde der spätere Betreuer meiner Masterarbeit. Wir haben uns entschieden, meine Masterarbeit in Zusammenarbeit mit dem MWU und der LHW zu machen. Das Thema habe ich dann mit meinem Studiengangsleiter, Prof. Dr. Ing. Bernd Ettmer, abgestimmt, da der Praxisbezug an der Hochschule sehr wichtig ist. Als ich mein Masterstudium abgeschlossen habe, hat mir ein Kontakt an der LHW eine Stellenausschreibung zugeschickt. Ich habe mich beworben, sie haben mich eingeladen für ein Vorstellungsgespräch und ja, jetzt arbeite ich dort.

Ich hatte Glück. Die Kontakte kennenzulernen war das wichtigste. Wenn ich nicht im MWU gewesen wäre, hätte ich die Kontakte nie geknüpft. Ich würde nie wissen, dass es die Möglichkeit gibt, dass ich dort arbeiten kann. Mein oberster Chef im MWU hat sich wirklich gekümmert, dass ich viele Leute kennenlerne.

Was arbeiten Sie aktuell und was sind Ihre Aufgaben im Job?

Ich bin jetzt Sachbearbeiterin für Wasserwirtschaftliche Grundlagen. Mein Schwerpunkt ist die Umsetzung der Hochwasser-Risikomanagement-Richtlinie. Was bedeutet das? Das ist die vorläufige Hochwasserrisikoauswertung. Außerdem erstelle und aktualisiere ich Hochwasserrisiko- und Gefahren-Karten. Weitere Aufgaben sind die Aktualisierung des Hochwasser-Risikomanagementplans, die Bewertung und die Konzipierung der wassertauglichen Anlagen und die Erarbeitung von technischen Unterlagen der Regionalplanung für Hochwasserschutz und Flussgebiete.

Inwiefern hat Ihr Studium Sie auf die aktuellen Aufgaben vorbereitet? Also, wie viel von dem, was Sie im Studium gelernt haben, brauchen Sie jetzt für den aktuellen Job?

Alles, was mit Wasserbau zu tun hat, ist wichtig für meinen aktuellen Job. Einen großen Teil vom Studium brauche ich die meiste Zeit. Insbesondere hatten wir Vorlesungen, in denen ein Überblick über die Umsetzung der Europäischen Hochwasserrichtlinie in Sachsen-Anhalt von der vorläufigen Hochwasserrisikobewertung bis zum Risikomanagementplan gegeben wurde. Es wurde über vorherige Hochwasserereignisse in Sachsen-Anhalt gesprochen, neben der Darstellung von Beispielen für ein komplexes Hochwassermanagement in Sachsen-Anhalt. Im Studium haben wir außerdem die Computer-Software GIS (Geoinformationssystem) kennengelernt, die ich zum Beispiel jeden Tag in meiner Arbeit nutze.

Was ist für Sie das Besondere am Berufseinstieg in den öffentlichen Dienst?

Als ich im MWU war haben viele Leute gesagt: „Versuch im öffentlichen Dienst zu arbeiten, nicht in der Industrie.“ Ich habe nicht verstanden, warum. Sie sagen „Arbeitssicherheit“ und „wenn man im öffentlichen Dienst arbeitet, hat man immer Arbeit“. Ich dachte „okay, gut zu wissen, aber keine Chance.“ Es war eine große Herausforderung, dass ich diesen Job bekommen habe. Ja, das war eine Challenge. Ich bin jetzt die einzige Ausländerin in unserem Büro in Halle.

Warum haben Sie sich für diesen Arbeitgeber entschieden?

Ganz ehrlich: für das MWU habe ich mich nicht entschieden. Das war nicht mein Plan. Mein Plan war „das kleine Ingenieurbüro“. Ministerium klang für mich nach Politik und Theorie - also nicht praxisorientiert. Aber ich habe eine E-Mail vom Career Center der Hochschule bekommen, dass das MWU Praktikanten braucht. Ich habe gedacht: „okay, ich bewerbe mich, aber ich werde nicht angenommen. Mein Deutsch ist nicht so gut.“ Ich habe gedacht, ich versuche es trotzdem mal. Und dann war ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Ich habe dort meinen späteren Fachvorgesetzten kennengelernt und ich hatte das Gefühl, dass ich von diesem Menschen richtig was lernen kann. Ich habe mich für das Praktikum entschieden – und sie haben mir die praxis-orientierten Aufgaben gegeben!

Welche Erwartungen hatten Sie an den Berufseinstieg in Deutschland und wie war er dann tatsächlich?

Meine Erwartungen waren, dass es sehr schwer sein würde einen Job zu finden. Ich weiß, dass in Deutschland Leute zum Arbeiten gebraucht werden. Deshalb bin nach Deutschland gekommen: weil ich weiß, der Arbeitsmarkt braucht Leute und ich will arbeiten. Aber ich dachte, das würde dauern, bis ich einen Job finde. Aber alles hat ziemlich schnell geklappt. Ja, ich war positiv überrascht. Ja, also es war besser, als ich erwartet habe.

Welche Angebote des Career Centers haben Sie genutzt und wie fanden Sie sie?

Ich habe an ein paar Workshops teilgenommen, z.B. „Get Connected“ und ich habe gelernt, wie man sich im Vorstellungsgespräch verhält und was man vorbereiten muss, wie man einen Lebenslauf und ein Anschreiben verfasst. Ja, und ich habe immer Unterstützung von Ihnen [vom Career Center] bekommen. Ja, wirklich. Also, Sie haben mich wirklich unterstützt.

Ich habe auch Stepstone, Indeed und so besucht, aber man findet nicht so viel. Und die Leute antworten nicht. Aber das Career Center hat die richtigen Wege, wie man in Deutschland richtig was findet. Ja, das war für mich sehr hilfreich.

Welche Tipps/Empfehlungen würden Sie internationalen Studierenden mit Blick aufs Berufsleben geben?

Kontakte und Sprache beherrschen. Viele Kontakte kennenlernen. Das ist das Wichtigste.

Haben Sie noch Empfehlungen, wo man Kontakte knüpfen kann aus Ihrer Sicht?

Ich weiß nicht genau, aber es gibt die Firmenmessen. Vielleicht kann man sie besuchen. Ich habe sie nicht besucht, weil ich es nicht brauchte. Aber wenn ich keinen Job gefunden hätte, könnte ich dort Leute aus verschiedenen Firmen kennenlernen. Man muss Kontakte knüpfen und alles fängt in der Uni an: Also auch Kontakte mit Professoren. Das ist wichtig. Professoren haben Kontakte. Mein Studiengangsleiter, Prof. Dr. Ing. Bernd Ettmer, hat mich immer unterstützt! Er hat viele Kontakte, viele Erfahrungen und mir immer Feedback zu meinen Plänen gegeben.

Wie geht es bei Ihnen weiter/Was sind Ihre Beruflichen Pläne für die Zukunft?

Einen richtigen Plan habe ich noch nicht, aber ich will in Deutschland bleiben, soweit es klappt, soweit ich arbeite und ich glücklich bin.
 
Das Interview auf Deutsch führte am 11.11.2023 Ulrike Marquardt.

Foto: Andrea Arnus, Montage Sebastian Möser.